Zucker schützt Krebszellen vor Chemo- und Strahlentherapie

Der Effekt unterschiedlicher Konzentrationen eines Standardtherapeutikums (Temozolomide, Handelsname Temodar) auf verschiedene Gehirntumorzellen wurde in Gegenwart niedriger oder hoher Zuckerkonzentrationen geprüft. Im Gegensatz zu normalen Gehirnzellen zeigten sich deutliche Unterschiede [1].Bei den normalen Gehirnzellen machte es keinen Unterschied, ob die Zellen in einer Nährlösung mit wenig oder viel Zucker gezogen wurden: je höher die Konzentration des Chemotherapeutikums, desto mehr Zellen starben ab, jeweils gleichviel in den beiden Lösungen. Ganz anders bei den Krebszellen: in der Lösung mit viel Zucker war eine deutlich höhere Konzentration des Zellgifts nötig, um die Zellen abzutöten. Je nach Zelltyp war die Reaktion etwas unterschiedlich bei unterschiedlichen Giftkonzentrationen, wie die grafische Darstellung zeigt. In Zahlen heißt das beispielsweise bei der Zelllinie GL26, dass die dreifache Menge Temodar nötig war, um 90% der Zellen in der Nährlösung mit viel Zucker abzutöten im Vergleich zu den Zellen mit wenig Zucker.

Viel und wenig Zucker heißt in diesen Experimenten 200 mg/dl und 50 mg/dl. Das entspricht den Werten, die bei gefütterten Mäusen und Mäusen unter Fastenbedingungen gemessen wurden. Die Daten der Zellexperimente erklären deshalb – auf jeden Fall zum Teil – die unterschiedlichen Auswirkungen der Ernährung der Tiere auf Therapieerfolge nach Transplantation von Tumorzellen. Wenn die Mäuse mit ihren Tumoren 48 Stunden vor der Behandlung gefastet hatten, war der Therapieerfolg wesentlich stärker als bei normal gefütterten Mäusen. Allerdings starben auch diese Mäuse fast alle nach einigen Wochen – bis auf immerhin eine, was bei den verwendeten aggressiven Gliomazellen schon erstaunlich ist.

Diese Studie ergänzt eine Reihe von Arbeiten vor allem von Valter Longo und Mitarbeitern von der Universität Los Angeles (siehe Seite 89: Fasten – eine Option mit Einschränkungen). Wie an dieser Stelle diskutiert, könnte eine ketogene Ernährung eine Alternative sein – offensichtlich mit weniger Einschränkungen. Dafür gibt es neue Daten.

1.    Safdie, F, Brandhorst, S, Wei, M, Wang, W, Lee, C, Hwang, S, Conti, PS, Chen, TC, Longo, VD (2012) Fasting enhances the response of glioma to chemo- and radiotherapy. PLoS One 7:e44603